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Die Festrede zur Preisverleihung für die Weitnauer Jagdgenossenschaft von Uwe Köberlein, Vorsitzender des Ökologischen Jagdverein Bayern

Der Bürgermeister der Gemeinde Weitnau und zugleich Vorsitzender der WBV Westallgäu, Florian Schmid eröffnete die Festveranstaltung im Gasthaus Goldener Adler mit den Worten: „Holz ist der beste Rohstoff der Welt – vielen Dank an alle, die sich für den Wald einsetzen! Hier konnten neben Leo Rist nun auch Johannes Wölfle, Jagdvorsteher der Jagdgenossenschaft Wengen, und Stefan Pfeiffer, Jagdvorsteher der Jagdgenossenschaft Rechtis-Hellengerst begrüßt werden.

21.10.2025

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter des Marktes Weitnau, liebe Mitglieder des Ökologischen Jagdvereins Bayern, verehrte Gäste,

hier im wunderschönen Allgäu fällt mir sofort ein Satz meines fränkischen Ministerpräsidenten ein – der übrigens aus der gleichen Stadt stammt wie ich: „Bayern – das schönste Bundesland Deutschlands.“

In diesem Sinne heiße ich Sie im Namen des Ökologischen Jagdvereins Bayern e.V. ganz herzlich willkommen zur Verleihung des „Wald vor Wild“-Preises.

Es freut mich, dass so viele Gäste aus den Bereichen Forstverwaltung, Wald – und Forstwirtschaft und Politik, aber auch einheimische Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer sowie Jägerinnen und Jäger unserer Einladung gefolgt sind.

Wir sind heute zusammengekommen, um ein herausragendes Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung eines gesetzlichen Auftrags zu würdigen: den Markt Weitnau.

Die Geburt eines Grundsatzes: Wald vor Wild

Der Grundsatz, der uns heute vereint – und der unserem Preis seinen Namen gibt – ist tief in der bayerischen Forst- und Umweltpolitik verankert.

Seit 2005 ist das Prinzip „Wald vor Wild“ im Bayerischen Waldgesetz gesetzlich verankert – ein bedeutender Schritt, der auf jahrzehntelange fachliche Mahnungen folgte. Ursprünglich geprägt wurde dieser Begriff im Jahr 1995 von Ministerpräsident a.D. Edmund Stoiber – als Reaktion auf eine über viele Jahrzehnte bestehende Schieflage.

Ich möchte an dieser Stelle besonders betonen: „Wald vor Wild“ bedeutet nicht, dass Wildtiere unerwünscht sind. Im Gegenteil – sie sind ein natürlicher Bestandteil des Ökosystems Wald. Aber: Die Gemeinwohlfunktionen des Waldes – also Klimaschutz, Biodiversität, Wasserschutz – müssen Vorrang haben vor jagdlichen Interessen an hohen Wildbeständen.

Denn heute – mehr denn je – geht es darum, unsere Wälder widerstandsfähig gegenüber dem Klimawandel zu machen. Hitzeperioden, Trockenheit und Extremwetterereignisse erfordern einen raschen und entschlossenen Umbau: weg von instabilen Reinbeständen, hin zu standortgerechten, tiefwurzelnden Mischwäldern.

Aus ökologischer Sicht bedeutet das ganz konkret: Die Jagd wird als notwendiges Instrument eingesetzt, um dem Wald die Chance zu geben, sich natürlich zu verjüngen – ohne Zäune, ohne massive Schutzmaßnahmen. Nur so können unsere Wälder ihre lebenswichtigen Funktionen dauerhaft erfüllen.

 

Warum dieser Preis notwendig ist

Ein Gesetzestext allein schafft noch keinen gesunden Wald. Wir alle wissen: Zwischen Ziel und Realität klafft oft eine Lücke. Die forstlichen Gutachten in Bayern zeigen, dass in vielen Revieren und Hegeringen die Umsetzung des Grundsatzes „Wald vor Wild“ noch immer nicht gelingt.

Genau deshalb haben wir diesen Preis ins Leben gerufen. Positivbeispiele sind unverzichtbar. Sie zeigen nicht nur, dass es geht – sondern auch wie es geht. Sie motivieren, schaffen Orientierung und geben Rückenwind für notwendige Veränderungen.

Denn: Die Folgen zu hoher Schalenwildbestände sind gravierend. Sie führen zu verarmten, entmischten Wäldern, mit steigender Instabilität und höherer Anfälligkeit gegenüber Klimarisiken.

Naturverjüngung – also der Nachwuchs unserer Wälder aus eigener Kraft – wird so zum zentralen Maßstab für zukunftsfähige Waldbewirtschaftung. In Zeiten knapper öffentlicher Mittel ist sie ökologisch wie finanziell alternativlos. Nicht zuletzt zeigt der Bericht des Obersten Rechnungshofes, dass Jagd ein Schlüssel zum Erfolg ist.

 

Zur Geschichte der Auszeichnung

Der ÖJV Bayern hat den „Wald vor Wild“-Preis im Jahr 2010 erstmals verliehen – an den mutigen Waldbauern Georg Hinterstoißer.

In den Folgejahren gingen die Auszeichnungen an Städte wie München (2014), Fürth (2015), an Institutionen wie das Juliusspital Würzburg (2019) oder den Forstbetrieb Blauwald (2020).

Ein gemeinsames Muster war stets erkennbar: Nur wenn Waldbesitzer, Jagd und politische Verantwortung zusammenarbeiten, kann auf der Fläche wirklich etwas bewegt werden.

 

Der diesjährige Preisträger: Der Markt Weitnau

Und damit komme ich zum heutigen Preisträger: Der Markt Weitnau im Allgäu.

Hier zeigt sich eindrucksvoll, was möglich ist, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen – Waldbesitzende, Jägerinnen und Jäger, Jagdgenossenschaften und politische Entscheidungsträger.

Die Situation war zunächst alles andere als einfach: Viel zu hohe Schalenwildbestände gefährdeten die Zukunft der Wälder. Doch man hat die Herausforderung angenommen – mit Konsequenz, mit Mut und mit Verantwortung.

Die drei Jagdgenossenschaften Weitnau, Wengen und Rechtis - Hellengerst haben gemeinsam gehandelt. Sie konnten nicht nur eindrucksvolle Naturverjüngung – auch bei wertvollen, verbissgefährdeten Baumarten wie der Weißtanne – ohne Zäune vorzeigen, sondern auch erfolgreich verhindern, dass in ihrem Gebiet ein neues Rotwildgebiet ausgewiesen wurde.

Die Jagd im Markt Weitnau funktioniert. Die Eigenbewirtschaftung ist vorbildlich, die Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Sie alle – Jägerinnen und Jäger, Waldbesitzende, kommunale Verantwortungsträger – haben gezeigt, was es heißt, Verantwortung für den Wald der Zukunft zu übernehmen.

Sie haben die Revierstruktur zukunftsfähig gestaltet und so den Weg geebnet für einen stabilen, artenreichen Bergmischwald – für gelebten Klimaschutz und nachhaltige Forstwirtschaft.

Würde man die künstliche Intelligenz befragen, so würde es heißen, dass Weitnau gut performt und ein best – practice Beispiel ist. Man könnte aber auch sagen: So geht`s und alles richtig gemacht!

 

Herzlichen Glückwunsch!

Der ÖJV Bayern ist stolz, Ihnen heute für diese vorbildliche Leistung in der praktischen Umsetzung des Bayerischen Waldgesetzes den „Wald vor Wild Preis 2025“ zu verleihen.

Sie sind ein Leuchtturmprojekt – für das Allgäu und weit darüber hinaus.

Herzlichen Glückwunsch – und vielen Dank!

 

Bernhard Breitsameter, der Präsident des Bayerischen Waldbesitzerverbandes eröffnete seine Laudatio mit den Worten: „Den Klimawandel leugnet mittlerweile nur noch ein Dummer, der Wald leidet darunter, soll aber alle Probleme richten!“

Es gibt zwei CO2-Speicher: Der eine sind die Moore, der andere ist der Wald. Da ein Vorratsaufbau im Wald immer mit hohem Risiko verbunden ist, wird es die Aufgabe der Zukunft sein, diese Vorräte intelligent zu nutzen. Der Zukunftswald in Bayern wird strukturreicher, laubholzreicher und zuwachsschwächer sein, es gilt, die Fichtenaltholzbestände zu nutzen und die mittelalten Bestände regelmäßig zu durchforsten, um sie hin zu artenreichen Mischwäldern umzubauen.

Er hob in seiner Laudatio die Anstrengungen der drei Jagdgenossenschaften hervor, bis so etwas entstand, wie wir es auf der Exkursion sehen konnten, betonte auch, dass es nur im Miteinander der Jagdrechtsinhaber und der Jagdausübungsberechtigten funktionieren kann.

Breitsameter schloss mit den Worten: „Man merkt, dass in Weitnau die Liebe zum Wald da ist. Mein Glückwunsch dazu, so langjährig durchzuhalten, als Inhaber des Jagdrechts ist es in Ordnung, für angepasste Wildbestände einzustehen!“