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Stellungnahmen vor 2017

Die Mistel

Druidenkraut und Vogelfutter

Die Bäume haben ihr Laub verloren, und in den kahlen Kronen sieht man jetzt grüne, rätselhafte Kugeln: Misteln. In der Weihnachtszeit wird die immergrüne Pflanze gerne zur Dekoration verwendet, aber auch in der Medizin findet sie erfolgreich Anwendung. Für Vögel ist die Mistel eine wichtige Nahrungsquelle in den Wintermonaten.

In der grauen Winterzeit sind die immergrünen Mistelzweige besonders für Dekorationszwecke beliebt. Im Haus aufgehängt, sollen sie nach alter Überlieferung vor bösen Geistern und Feuer schützen. Einst galten Misteln als Zeichen der Götter und Symbol von Weisheit und Frieden. Plinius der Ältere beschreibt, dass sie bei den Galliern nur von Druiden mit goldenen Sicheln gesammelt wurden.

Heute darf das „Druidenkraut“ nur für den Eigengebrauch gepflückt werden. Der BUND Naturschutz weist darauf hin, dass dies nur in kleinen Mengen und außerhalb von Schutz- und Privatflächen auf öffentlich zugänglichen Bereichen gestattet ist. Der Baum darf dabei selbstverständlich nicht beschädigt werden. Wer Misteln verkaufen möchte, benötigt dafür eine Genehmigung.

Neben ihrer kulturellen Bedeutung werden Misteln auch für ihre heilende Wirkung geschätzt und in der Medizin für alternative und ergänzende Therapien eingesetzt. Die Pflanzeninhaltsstoffe, insbesondere das Mistellektin und das Viscotoxin, wirken positiv auf das Immunsystem und werden seit einigen Jahren in der Krebstherapie verwendet. 2003 wurde die Mistel deshalb sogar zur Heilpflanze des Jahres gekürt.

Spektakuläre Lebensweise als „grüner Mitesser“

Misteln wachsen und wurzeln auf Bäumen, sie sind sogenannte Halbschmarotzer. „Ohne Baum kann die Mistel nicht überleben. Aus diesem Grund hat die bis zu 70 Jahre alt werdende Pflanze auch kein Interesse daran, ihren Wirtsbaum großflächig zu töten“, erklärt Julia Wehnert, Biologin und Geschäftsführerin beim BUND Naturschutz Kempten-Oberallgäu. Die Mistel bohrt ihre Wurzeln in die Leitungsbahnen der Bäume und entzieht ihnen so Wasser und gelöste Nährsalze. Trotzdem kann die Pflanze selbst Fotosynthese betreiben und somit einen Teil ihrer Nahrung herstellen. Mit zunehmender Größe und Alter entzieht die Mistel ihrer Wirtspflanze immer mehr Nährstoffe, so dass die Baumbereiche oberhalb des Mistelbusches nicht mehr ausreichend versorgt werden können und dürr werden.

Ausbreitung durch Vögel

Die sehr klebrigen, weißen Mistelbeeren reifen im Winter und werden nahezu ausschließlich durch Vögel wie zum Beispiel Mistel- und Wacholderdrossel oder durch exotische Wintergäste wie den Seidenschwanz verbreitet. Die Tiere schlucken die Beeren im Ganzen hinunter, dadurch bleibt der Mistelsamen unverletzt und wird im Vogelkot wieder ausgeschieden. Bei manchen Vogelarten, die nur das Fruchtfleisch fressen, bleibt der Samen am Schnabel kleben. Durch Putzversuche gelangt er dann zufällig an die Wirtsbäume und kann dort keimen. Die nährstoffreichen und süßen Beeren sind damit eine höchst attraktive Winternahrung für zahlreiche Vogelarten.

Misteln in Streuobstbeständen

Streuobstbestände sind aufgrund ihrer Artenvielfalt von hoher ökologischer Bedeutung. Das stellenweise massive Auftreten von Misteln an alten Apfelbäumen ist in erster Linie jedoch Folge einer Überalterung der Obstbestände und fehlender Pflege durch regelmäßige Obstbaumschnitte, da dies einen hohen Arbeitsaufwand erfordert.

„Umso wichtiger sind daher staatliche Förderprogramme für die artenreichen Streuobstwiesen und Neupflanzungen junger Bäume in der Kulturlandschaft, also Landwirt*innen, die sich für ihre landschaftsprägenden Obstbaumwiesen einsetzen. Ebenso können engagierte Bürgerinnen und Bürger im Siedlungsbereich mit einem geeigneten Hochstamm-Obstbaum im Garten für Insekten, Vögel und nicht zuletzt den Eigenbedarf Gutes tun!“, so Carolin Köpping, die sich ebenfalls beim BUND Naturschutz-Kreisgruppe Kempten-Oberallgäu für den Artenschutz einsetzt.